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wiki:rotwelsch

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 Das [[wiki:rotwelsch|Rotwelsch]] ist die Schöpfung aller rastlos Reisenden, geeint durch die Gemeinschaft der Ausgeschlossenen, jener, die Gesetz und Ordnung aus dem bürgerlichen Stadtleben und der ländlichen Seßhaftigkeit ausschloß. Ausgrenzung und Abgrenzung gaben sich dabei die Hand - auch die Fahrenden hatten ihren Dünkel, sie nannten sich selbst die „Jenischen“, das sind die Klugen. Und weil sie klug waren, hatten sie ihre Geheimsprache. Und während sie aus Sicht der Bürgerlichen schon mal „das verbrecherische Proletariat aller Stände“ ((Wolf, Dt. Gaunersprache, S. 12)) genannt wurden, konnte man sie auch als eigenen Stand neben Adel, Bauern, Bürgern und Handwerkern betrachten, die eben ihre eigene Standessprache benutzten. Die Kunden verwendeten die hochdeutsche Grammatik, jedoch mit liebenswerter Anarchie - jede Regel durfte beliebig gebrochen werden. Deswegen lebte das Rotwelsche und bot Gelegenheit zur Kreativität: //„von Geheimnisvollem und kindlich Unentwickeltem, von Umschreibungen und Andeutungen, von Unwahrem, Falschem und Geändertem, von Spott und Ironie, von Aalglattem und Unfaßbarem; sinnlich roh, widerstrebend, kosmopolitisch und strenge sich abschließend, überall verstanden und ohne Heimat.“// ((Wolf, Dt. Gaunersprache, S. 14)) \\  Das [[wiki:rotwelsch|Rotwelsch]] ist die Schöpfung aller rastlos Reisenden, geeint durch die Gemeinschaft der Ausgeschlossenen, jener, die Gesetz und Ordnung aus dem bürgerlichen Stadtleben und der ländlichen Seßhaftigkeit ausschloß. Ausgrenzung und Abgrenzung gaben sich dabei die Hand - auch die Fahrenden hatten ihren Dünkel, sie nannten sich selbst die „Jenischen“, das sind die Klugen. Und weil sie klug waren, hatten sie ihre Geheimsprache. Und während sie aus Sicht der Bürgerlichen schon mal „das verbrecherische Proletariat aller Stände“ ((Wolf, Dt. Gaunersprache, S. 12)) genannt wurden, konnte man sie auch als eigenen Stand neben Adel, Bauern, Bürgern und Handwerkern betrachten, die eben ihre eigene Standessprache benutzten. Die Kunden verwendeten die hochdeutsche Grammatik, jedoch mit liebenswerter Anarchie - jede Regel durfte beliebig gebrochen werden. Deswegen lebte das Rotwelsche und bot Gelegenheit zur Kreativität: //„von Geheimnisvollem und kindlich Unentwickeltem, von Umschreibungen und Andeutungen, von Unwahrem, Falschem und Geändertem, von Spott und Ironie, von Aalglattem und Unfaßbarem; sinnlich roh, widerstrebend, kosmopolitisch und strenge sich abschließend, überall verstanden und ohne Heimat.“// ((Wolf, Dt. Gaunersprache, S. 14)) \\ 
-Die Kundensprache führt zu einer Identität, man fühlt sich verbunden, man versteht sich oder grenzt sich ab. Das zeigt sich noch in der Literatur des Fahenden Volkes: Während ''Winnig'' kaum jemals ein Wort der Kundensprache benutzt, pflegen ''Heinrichs'', ''Pfarre'', ''Schroedel'' sie ausgiebig und selbstverständlich, Quellen siehe unter [[wiki:Literaturliste Fahrendes Volk|Literaturliste Fahrendes Volk]], mehr zum Thema siehe [[wiki:walz|Walz]].+Die Kundensprache führt zu einer Identität, man fühlt sich verbunden, man versteht sich oder grenzt sich ab. Das zeigt sich noch in der Literatur des Fahenden Volkes: Während ''Winnig'' kaum jemals ein Wort der Kundensprache benutzt, pflegen ''Heinrichs'', ''Pfarre'', ''Schroedel'' sie ausgiebig und selbstverständlich, Quellen siehe unter [[wiki:Literaturliste Fahrendes Volk|Literaturliste Fahrendes Volk]], mehr zum Thema siehe [[wiki:walz|Walz]] und  [[wiki:gesellenwanderung|Gesellenwanderung]] .
  
 Heute finden sich in der Alltagssprache viele Ausdrücke, die der Kundensprache entstammen, deren Abstammung man ihnen nicht mehr ansieht, die allenfalls als salopp gelten: man grast heute Geschäfte ab, um etwas zu suchen, 1906 bedeutete es noch, eine Gegend abzubetteln und zu bestehlen. Andere in die Umgangssprache aufgenommene Begriffe sind: Knast, einen Knacks haben, Kneipe, Kluft, Klinken putzen gehen, jemanden hochgehen lassen, pennen, pfiffig sein, Pleite machen, Quadratlatschen, Kaschemme, keinen Bock haben, malochen, Kohldampf schieben, in Schale werfen, verkohlen, u.v.a.m. Hin und wieder gelang es, das fahrende Volk dazu zu bewegen, sich an einem Ort niederzulassen. Dort findet man noch heute die Kundensprache besonders ausgeprägt, so im fränkischen Schillingsfürst, in Matzenbach, Teufstetten und Schopfloch, auch im Württembergischen und Rheinpfälzische, ((''Kleßmann'')) als Berner Mattenenglisch, Harzer Laufdibbern, Killertaler Pleisle, Neuerner Bettfedernhändlersprache oder das Hundeshagener Kochum der Eichsfelder Wandermusikanten ((''Siewert'')). Heute finden sich in der Alltagssprache viele Ausdrücke, die der Kundensprache entstammen, deren Abstammung man ihnen nicht mehr ansieht, die allenfalls als salopp gelten: man grast heute Geschäfte ab, um etwas zu suchen, 1906 bedeutete es noch, eine Gegend abzubetteln und zu bestehlen. Andere in die Umgangssprache aufgenommene Begriffe sind: Knast, einen Knacks haben, Kneipe, Kluft, Klinken putzen gehen, jemanden hochgehen lassen, pennen, pfiffig sein, Pleite machen, Quadratlatschen, Kaschemme, keinen Bock haben, malochen, Kohldampf schieben, in Schale werfen, verkohlen, u.v.a.m. Hin und wieder gelang es, das fahrende Volk dazu zu bewegen, sich an einem Ort niederzulassen. Dort findet man noch heute die Kundensprache besonders ausgeprägt, so im fränkischen Schillingsfürst, in Matzenbach, Teufstetten und Schopfloch, auch im Württembergischen und Rheinpfälzische, ((''Kleßmann'')) als Berner Mattenenglisch, Harzer Laufdibbern, Killertaler Pleisle, Neuerner Bettfedernhändlersprache oder das Hundeshagener Kochum der Eichsfelder Wandermusikanten ((''Siewert'')).
wiki/rotwelsch.txt · Zuletzt geändert: 2024/11/10 05:54 von norbert

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