Die `grand tour´ (niederl. groote tour, große Tour) etwa von 1560 bis etwa 1848 (Revolution & Eisenbahnreisen) ausgehend von England (Gentleman's Tour) war ursprünglich eine Art Bildungsreise des Adels für den Nachwuchs (Kavalierstour, Junkerfahrt), später auch des gehobenen Bürgertums (Patrizierreise). Die Methode wurde erfolgreich verbreitet durch das Werk An Italian Voyage or a Compleate Journey through Italy von Richard Lassels
1), das auch ins Französische übersetzt wurde 2)
Adelsfamilien schickten ihre Söhne (selten die Töchter) auf eine Rundreise durch die europäischen kulturellen Zentren schickten, die durchaus ein Jahr oder länger beanspruchen konnte. Damit gelangte der Begriff `Grand Tour´ in andere europäische Sprachen, denn die um 1560 einsetzende Reiseform erreichte erst im 18. Jahrhundert ihren Höhepunkt und gilt als Vorform der späteren Bildungsreise; der Begriff Grand Tour erscheint laut Collins Dictionary um 1660/70.
Das war keine Individualreise Einzelner, vielmehr wurden diese meist männlichen Zöglinge von einem Tutor oder Chaperone begleitet, dessen Aufgaben ebenso unterschiedlich waren wie das Motivbündel des Junkers und seiner Eltern. Im Vordergrund sollte die Bildung stehen, Wissen über die Welt erworben werden, Beziehungspflege (neudeutsch: networking) war sozial wichtig, doch was der Cavalier dann wirklich trieb?
Einzelne Reisen und Reiseberichte → 16., 17. und 18. Jahrhundert
→ Online-Recherche zur Grand Tour britischer Denker, Dichter, Künstler
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Emil Brack
(1860-1905)
Planning the Grand Tour
Gemälde 88x71cm. Ein junges Jahr des frühen
19. Jahrhunderts plant eine Reise, gebeugt über eine Karte.
Online
Attilio Brilli
Als Reisen eine Kunst war
Vom Beginn des modernen
Tourismus: die „Grand Tour“.
223 S. Berlin Wagenbach 1997/2012 [ital Originalusgabe: Quando viaggiare era un'arte]
Chard, Chloe
(Hg.)
Pleasure and Guilt on the Grand Tour.
Travel Writing and
Imaginative Geography, 1600–1830,
Manchester / New York 1999.
Freller, Thomas
Adlige auf Tour
Die Erfindung der
Bildungsreise.
231 S., Ill., Kt. Ostfildern Thorbecke 2007
Online.
Grosser, Thomas
Reisen und soziale Eliten.
Kavalierstour – Patrizierreise – bürgerliche Bildungsreise.
In: Michael Maurer (Hg.): Neue Impulse der Reiseforschung. Berlin 1999, S. 135–176.
Hudson, Roger
(Hg.)
The Grand Tour 1592–1796
270 S. London : Folio Society, 1993.
Imorde, Joseph; Wegerhoff, Erik
Dreckige Laken.
Die Kehrseite der Grand
Tour.
Berlin 2012,
Rezension von Friedemann Scriba in: Connections. A Journal for Historians and Area Specialists, 07.12.2012.
Katrin Keller
(Hg.)
„Mein Herr befindet sich gottlob gesund und wohl“. Sächsische Prinzen auf Reisen
(= Deutsch-französische Kulturbibliothek, 3) 535 S. Bibliogr. S. 496–502 Leipzig 1994: Leipziger Univ.-Verlag
Inhalt Zu den Kavalierstouren des Kurprinzen
Johann Georg IV. von Sachsen
1685−1686, 1690 und des Prinzen
Friedrich August von Sachsen
1687−1689
Katrin Keller
Zwischen Zeremoniell und 'desbauche'. Die adlige Kavalierstour um 1700. S. 259−282 in: Schmale, Wolfgang; Stauber, Reinhard (Hg.): Menschen und Grenzen in der frühen Neuzeit. Berlin 1998: Spitz.
Inhalt
Katrin Keller
Von der Nützlichkeit des Reisens. Bemerkungen zu Erscheinungsbild und Konsequenzen der Kavalierstour am Beispiel kursächsischer Befunde.
S. 429−454 in: Babel, Rainer; Paravicini, Werner (Hrsg.): Grand Tour. Adeliges Reisen und europäische Kultur vom 14. bis zum 18. Jahrhundert (= Beihefte der Francia, 60). Ostfildern 2005: Thorbecke.
Klein, Ulrich
Der Kavalier und die Fremde.
Drei Spielarten von Reiseberichten über Kavaliersreisen im
17. Jahrhundert und ihre Notierungsmuster.
In: Euphorion 85 (1991) 85–97.
Sabine Kolck
Bayerische und pfalz-neuburgische Prinzen auf Reisen. Kavalierstouren weltlicher und geistlicher katholischer Prinzen vom Ende des 16. bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts im Vergleich.
405 S. Bibliogr. 361-400 Münster 2009.
Inhalt u.a.
Zweckbestimmungen aus der Apodemik- und Hofmeisterliteratur
Kürbis, Holger
Kavalierstouren des brandenburgisch-preußischen Adels (1550–1750): Quantitative Überlegungen.
Jahrbuch für brandenburgische Landesgeschichte 61 (2010) 61–82.
publiziert am 01.12.2017; in: Historisches Lexikon Brandenburgs,
Online
Mathis Leibetseder
Die Kavalierstour. Adlige Erziehungsreisen im 17. und 18. Jahrhundert
Köln 2004
Mathis Leibetseder
Kavalierstour – Bildungsreise – Grand Tour
Reisen, Bildung und Wissenserwerb in der Frühen Neuzeit
in: Europäische Geschichte Online (EGO), hg. vom Leibniz-Institut für Europäische Geschichte (IEG), Mainz 2013-08-14.
URL:
http://www.ieg-ego.eu/leibetsederm-2013-de URN: urn:nbn:de:0159-2013070226 [JJJJ-MM-TT].
Lipsius, Justus
Epistola de Peregrinatione Italica. [1592]
In: Adami Henrici Lackmanni: Miscellanea Litteraria. Hamburg 1721.
Müllenbrock, Heinz-Joachim
Die politischen Implikationen der „Grand Tour“: Aspekte eines spezifisch englischen Beitrags zur europäischen Reiseliteratur der Aufklärung.
Arcadia, 17 (1982) 113-25.
Werner Paravicini
Der Grand Tour in der europäischen Geschichte. Zusammenfassung.
S. 657–674 in: Grand Tour: Adeliges Reisen und Europäische Kultur vom 14. bis zum 18. Jahrhundert. (=Beihefte der Francia, 60) Ostfildern 2005: Thorbecke.
Online
Stannek, Antje
Telemachs Brüder.
Die höfische Bildungsreise des 17. Jahrhundert.
Frankfurt/Main 2001
Arturo Tosi
Language and the Grand Tour. Linguistic Experiences of Travelling in Early Modern Europe.
318 S. Cambridge 2020: Cambridge University Press.
DOI Inhalt u.a.:
Towner, John
The European Grand Tour, circa 1550-1840: a Study of its Role in the History of Tourism.
Ph.D. Thesis, Birmingham, 1984, unpubliziert. Mit statistischen Analysen über den Anteil reisender Frauen sowie über die Berufe der Reisenden, siehe in:
Wang, Tsai-Yeh
:
British women’s travel writings in the era of the French Revolution.
[IV], 375 S. Bibliogr. S. 351-375. Diss. University of Birmingham 2010.
Online