Radfahrzeuge in ihren je eigenen Bauarten dienten ursprünglich dem Transport von Lasten, später transportierten sie Menschen und zuletzt dienten sie dem Vergnügen. Einachsige Fuhrwerke heißen Karren (lat. carrus, gallisch benna), zweiachsige heißen Wagen (lat. currus). Der Begriff `Reitwagen´ wurde historisch für unterschiedliche Bauarten und Nutzungen verwendet, dabei ist `Reit´ mehrdeutig.
Franz Josef Mone
1) mit den ursprünglichen Bezeichnungen der Radfuhrwerke als Ackergeräte und führt auf:Wilhelm Maybach
und Gottlieb Daimler
hatten 1885 die »Standuhr« entwickelt, einen schnelllaufenden Viertaktmotor. Darin beschleunigen die explosionsartigen Verbrennungen einen Kolben, der wiederum eine Kurbelscheibe antreibt. Das sollte für Testläufe vom Versuchsstand auf ein mobiles Fahrzeug übertragen werden. Technisch erfordert dieser Schritt zusätzlich eine Kupplung, ein Getriebe, einen Gaszug, Lenkung und Bremse, damit die Fahrt zerstörungsfrei erfolgen kann. Das einfachste Fahrzeug, das diesen Anforderungen damals am nächsten kam, war das Velociped (Fahrrad) mit Kurbelantrieb, für das 1879/1884 die Kettenübersetzung entwickelt wurde. Der Reitwagen erhielt allerdings ein Zahnradgetriebe (Abbildung) sowie seitliche Stützräder.Die Bezeichnung Reitwagen kommt offensichtlich weder von reisen noch von reiten 10). Als Wurzel bietet sich die Reite an, »der freie hofplatz in einem landgute« (Adelung), der sich in Hofreite, also dem eingefriedeten Bereich um ein Landgut, erhalten hat und bedeutungsähnlich vorliegt in Reede als »ort wo schiffe zur fahrt ausgerüstet werden«, daher war reite »ursprünglich der platz … wo zubereitungen, arbeiten vorgenommen werden« 11). Reitwagen ist also ein Arbeitsgerät für die Hofreite, wobei `Wagen´ aus indogermanischem *u̯eg̑h- bewegen, ziehen, fahren, abgeleitet ist. Das althochdeutsche reitirosso ist daher ein Wagenpferd, kein Reitpferd. Auch gehört das Reitgesinde nicht zum Reiter sondern zum Reitwagen: »ih habo dih, fruintin min, geebenmazzot minemo reitgesinde an den reituuagenon«, reitweko bezeichnet den Fuhrmann.
Im Lateinischen ist raeda »ein größerer, vierräderiger Reisewagen, auf dem mehrere Personen mit Gepäck Platz hatten« 12), ebenso keltisches reda 13), letztlich aus indogermanischem *reidʰ- mit der Bedeutung `fahren, in Bewegung sein'. Damit verbindet sich auch die Bedeutung der althochdeutschen Form Reita 14).
Hamm, Marlies
Frischbier, Hermann
Hirschfeld, Joseph
Johann Jakob Redinger
Rita Plos
Branko Tošović
, Karl-Franzens-Universität Graz 2014 S. 245, Bezug auf Vasmer 2: 555.Hermann Frischbier
Georges, Karl Ernst
Alois Walde
: Lateinisches etymologisches Wörterbuch. Stichwort rēda (raeda) < air. de-riad „bigae„, mir. riadaim ich fahre und mit Verweis auf Quintilian I, 5, 57;Dottin, Georges
: La langue gauloise. Paris 1920: C. Klincksieck.