Von 1990 bis 2010 zählte das BKA 180 Geiselnahmen von Deutschen im Ausland, zwischen 2010 und 2019 wurden 143 Deutsche entführt, Tendenz also steigend. Die Entführungen der folgenden Zeitleiste sind daher weder vollständig noch exemplarisch sondern nur Fälle, die von den Medien verbreitet wurden, also überproportional entführte Touristen. Insbesondere Entführungen von Geschäftsleuten und Expats werden eher stillschweigend behandelt, siehe Entführungen.
Im Januar 1987 entführte die Hisbollah im Libanon den Hoechst-Manager Rudolf Cordes
und den Siemens-Techniker Alfred Schmidt
und forderte Mohammed Ali Hamadei
freizulassen. Rudolf Cordes
kam erst nach 605 Tagen wieder frei.
Am 16. Mai 1989 wurden in der Hafenstadt Sidon im Libanon Heinrich Strübig
und Petra Schnitzler
- Mitarbeiter einer Hilfsorganisation - sowie der Krankenpfleger Thomas Kemptner
entführt. Bei einer Razzia libanesischer Milizionäre wurde Petra Schnitzler
befreit, die anderen beiden blieben 1.127 Tage in Geiselhaft.
Im Juli 1995 entführte im indischen Unionsstaat Jammu-Kaschmir die muslimische fundamentalistische Gruppe Al Faran sechs Touristen: Ein US-Bürger konnte fliehen, der Norweger Hans Christian Ostro
wurde enthauptet, die anderen vier sind seither vermisst, darunter der Erfurter Student Dirk Hasert
.
Im April 1993 wurden in der Grenzstadt Spinbuldak, Afghanistan, der deutsche Drogenfahnder Stefan Ehlert
, ein Brite und ein Niederländer entführt. Die verantwortliche afghanische Guerilla-Gruppe verlangte, Gesinnungsgenossen aus pakistanischer Haft zu entlassen. Die Geiseln wurden nach einem Monat freigelassen.
Am 1. Januar 1996 wurden die 24-Jährige Deutsche Nicola Fleuchaus
und die Schweizerin Susanna Siegfried
- beide touristisch tätig - aus einem Hotel in San Carlos, Costa Rica, entführt. Nach Zahlung eines Lösegeldes von rund 300.000 Mark wurden sie nach 71 Tagen freigelassen.
Im Dezember 1996 drangen 20 Rebellen der Tupac-Amaru in die japanische Botschaft von Lima, Peru, ein. Unter den 490 Geiseln befanden sich der deutsche Botschafter und zwei deutsche Botschaftsangehörige. Die deutschen Geiseln kamen bald frei, aber erst nach 126 Tagen wurden die letzten 72 Geiseln befreit. Dabei wurden alle Rebellen, zwei Soldaten und eine Geisel getötet.
Am 3. März 1997 wurden sieben deutsche Motorradreisende auf einem Bergpass im südöstlichen Jemen entführt, wurden jedoch bereits Mitte März freigelassen.
Am 27. März 1997 wurden zwei Männer und zwei Frauen, Reisende aus Nordrhein-Westfalen und Brandenburg, in der Marib-Wüste östlich von Sanaa, Jemen, entführt, kamen aber nach zehn Tagen wieder frei.
Am 9. September 1997 wurde der deutsche Geschäftsmann Robert Buehs
bei Zamboanga auf den Philippinen von muslimischen Aufständischen entführt und nach 107 Tagen freigelassen.
Am 15. April 1998 entführte ein Clan nördlich von Mogadischu, Somalia, zehn Rotkreuz-Mitarbeiter, darunter ein Deutscher, bei einer Zwischenlandung. Die Geiselhaft dauerte zehn Tage.
Am 7. Dezember 1998 entführten im Jemen Angehörige der der Bani Dhabjan drei Frauen und einen Mann und hielten sie bis Ende Dezember fest.
Am 26. Januar 1999 wurde im Norden Jemens eine 30-jährige deutsche Hebamme zusammen mit ihrem Bruder und ihrer Mutter und von Angehörigen eines Stammes verschleppt und nach vier Tagen freigelassen.
Am 10. August 1999 entführte die Guerillagruppe FARC in Kolumbien fünf Personen, darunter den Deutschen Rolf Sommerfeld
; die Geiseln wurden am 13. August 2000 befreit.
Im April 2000 nahmen Rebellen der Abu Sayyaf auf der Ferieninsel Sipadan, Malaysia, 21 Menschen als Geiseln, darunter Renate Wallert
, ihr Mann Walter
und ihr Sohn Marc
aus Göttingen. Sie wurden auf die Insel Jolo, Philippinen, gebracht. Mitte Juli wurde die erkrankte Renate Wallert
freigelassen, Walter Ende August und Marc im September.
Am 2. Juli 2000 wurde der SPIEGEL-Reporter Andreas Lorenz
auf der Insel Jolo entführt, jedoch bereits Ende Juli freigelassen.
Am 14. März 2001 hält in Luxor, Ägypten, ein Reiseleiter vier deutsche Touristen in seiner Wohnung gefangen; drei Tage später durften sie gehen. Sein Ziel war, seine in Deutschland bei ihrer deutschen Mutter lebenden Kinder nach Ägypten zu holen.
Am 7. Mai 2001 wurde der Deutsche Christoph Voigt
, Manager des Pharmakonzerns Schering-Plough, in Guatemala entführt. Das Lösegeld in Höhe von 405.000 Dollar wurde gezahlt, Voigt jedoch am 31. Mai tot gefunden.
Am 26. Mai 2001 verschleppten Mitglieder des Saijdi-Clans in Sanaa, Jemen, den deutschen Studenten Carl Christian Hoernecke; er wurde nach zwei Wochen freigelassen.
Im August 2001 entführten Taliban-Milizionäre in Afghanistan 24 Mitarbeiter der christlichen Hilfsorganisation Shelter Now International, darunter vier Deutsche; ihnen wurde „christliche Missionierung“ vorgeworfen. Im November 2001 gelang eine militärische Befreiungsaktion.
Am 18. Juli 2001 entführte die Guerillagruppe FARC in Kolumbien Ulrich Künzel
, Mitarbeiter der Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ), dessen Bruder Thomas
und Reiner Bruchmann
200 Kilometer südwestlich von Bogotá. Thomas Künzel floh Ende September; die beiden anderen wurden Mitte Oktober freigelassen.
Am 27. Juli 2001 wurde in Sanaa, Jemen, ein deutscher Diplomat entführt und am 23. September freigelassen.
Am 28. November 2001 wurde ein deutscher Ingenieur, Mitarbeiter der Mercedes-Vertretung in Sanaa, Jemen, entführt und im Bezirk Sarwah in der Provinz Marib zehn Tage festgehalten.
Am 29. Juli 2002 wurden zwei deutsche Entwicklungshelfer des Hilfswerkes World Vision und ihr kenianischer Mitarbeiter in Waat, 800 Kilometer südlich Khartum, Sudan, entführt, jedoch nach wenigen Tagen wieder freigelassen.
Am 23. Februar 2003 wurden in der algerischen Sahara elf Touristen, darunter sechs Deutsche, entführt. Nach und nach wurden weitere 32 Reisende, darunter 16 Deutsche entführt. Die ersten 17 Geiseln wurden am 13. Mai durch einen militärischen Einsatz befreit; die anderen Mitte August. Eine 45-jährige Deutsche starb.
Im Dezember 2003 wurden in der Provinz Sistan-Balutschistan, Iran nahe Pakistan, zwei deutsche Fahrradtouristen und ein Mitreisender aus Irland entführt unbd einen knappen Monat gefangen gehalten.
Am 12. September 2003 wurden im Norden von Kolumbien acht ausländische Touristen entführt, darunter die Deutsche Reinhilt Weigel
; sie wurde nach 74 Tagen freigelassen.
Am 15. Juni 2005 wurden im Süden von Nigeria zwei deutsche Arbeiter der Baufirma Bilfinger Berger sowie vier einheimische Mitarbeiter entführt. Nach drei Tagen wurden sie freigelassen.
Am 25. November 2005 wurden im Irak die Archäologin Susanne Osthoff
und ihr Fahrer im Irak entführt; sie kamen nach 24 Tagen frei. Der Fahrer stand im Verdacht, an der Entführung beteiligt gewesen zu sein.
Am 28. Dezember 2005 wurden im östlichen Jemen Jürgen Chrobog
, pensionierter Außenstaatssekretär, seine Frau und deren drei Söhne verschleppt; nach drei Tagen wurden sie freigelassen.
Am 24. Januar 2006 wurden die Ingenieure René Bräunlich
und Thomas Nitzschke
in Beidschi, Irak, entführt und am 2. Mai freigelassen.
Am 6. Februar 2007 wurden die mit einem Iraker verheiratete Deutsche Hannelore Krause
und ihr Sohn Sinan
in Bagdad, Irak, verschleppt. Die Entführer forderten, alle Bundeswehrsoldaten aus Afghanistan abzuziehen. Hannelore Krause kam Mitte Juli 2007 frei.
Am 4. Juli 2007 wurde seit einer Woche ein Deutscher in Afghanistan vermisst, tauchte jedoch am folgenden Tag mit seinem Dolmetscher wieder auf, die Hintergründe blieben ungeklärt.
Am 18. Juli 2007 entführten radikalislamische Taliban-Milizionäre zwei deutsche Bauingenieure und fünf ihrer afghanischen Kollegen in der Provinz Wardek in Afghanistan. Rüdiger Diedrich
wurde am 21. Juli erschossen gefunden. Am 10. Oktober wurde Rudolf Blechschmidt
freigelassen.
Am 18. August 2007 wurde in Kabul, Afghanistan, die Entwicklungshelferin Christina M.
aus einem Restaurant entführt, jedoch bereits am 20. August von der Kabuler Polizei befreit.
Vor dem 17. Dezember 2007 wurde ein deutscher Handwerker aus der Oberpfalz mit seiner afghanischen Frau und ihrem Kind in der Provinz Herat, Afghanistan, entführt, der früher für die von Rupert Neudecks
„Grünhelme“ arbeitete.
Am 23. Juni 2008 entführten Piraten zwei Deutsche von einer Jacht im Golf von Aden vor der Küste Somalias. Der Mann und seine Lebensgefährtin wurden am 8. August nach Zahlung von einer Million Dollar Lösegeld freigelassen.
Am 8. Juli 2008 entführten PKK-Rebellen drei deutsche Bergsteiger im Osten der Türkei; sie kamen am 20. Juli unversehrt frei.
Am 11. Juli 2008 wurden im Süden Nigerias zwei deutsche Mitarbeiter des Baukonzerns Bilfinger Berger entführt und am 15. August freigelassen.
Am 20. September 2008 wurden in der Hafenstadt Bosasso, Somalia, ein Deutscher mit seiner somalischen Frau entführt; beide wurden nach zwei Tagen befreit.
Am 22. September 2008 wurden in Ägypten elf ausländische Touristen, darunter fünf Deutsche, entführt und waren nach zehn Tagen wieder frei.
Am 15. Dezember 2008 entführte ein Clan im Jemen eine deutsche Entwicklungshelferin und ihre Eltern. Sie wurden am 19. Dezember freigelassen, nachdem Lösegeld gezahlt und Clan-Mitglieder aus der Haft entlassen wurden.
Am 18. Januar 2009 wurden im Jemen drei Mitarbeiter eines örtlichen Gasunternehmens entführt, darunter ein Deutscher. Tags darauf wurden sie wieder freigelassen.
Am 22. Januar 2009 wurden eine deutsche Reisende aus dem hessischen Mühltal, ein Schweizer Ehepaar und ein britischer Tourist in Mali entführt. Am 22. April wurden sie wieder freigelassen.
Am 14. Juni 2009 wurden im Nordjemen entführt: Eine fünfköpfige deutsche Familie, ein Brite, zwei Bibelschülerinnen aus Niedersachsen, eine Südkoreanerin. Am 18. Mai 2010 wurden zwei der entführten Kinder befreit. Drei Frauen wurden ermordet, die anderen blieben vermisst.
Am 19. April 2010 wurden im Süden Nigerias zwei Deutsche entführt und sechs Tage später wieder freigelassen.
Am 23. Juni 2010 wurden im Sudan zwei für das THW tätige deutsche Entwicklungshelfer entführt. Rund fünf Wochen später wurden sie freigelassen.
Am 24. Oktober 2010 entführten Piraten vor der somalischen Küste den Frachter „Beluga Fortune“ mit deutschen Besatzungsmitgliedern; tags drauf waren sie wieder frei.
Vor dem 23. August 2011 wurden in der Provinz Parwan im Nordwesten Afghanistans zwei Deutsche vermisst und vor dem 7. September tot aufgefunden.
Diese Liste kann synoptisch verglichen werden mit den Zeitleisten: