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wiki:obsoleszenz

Obsoleszenz

Vom lateinischen obsolescere für sich abnutzen, veralten, Ansehen, Wert verlieren, heute meist im Sinne einer Eigenschaft technischer Produkte benutzt. Die Übersetzung zeigt, wie vielschichtig der Begriff ist:

  • Etwas kann durch Gebrauch abgenutzt werden und verliert seinen praktischen Nutzen.
  • Etwas kann durch Nicht-Gebrauch altern und verliert seine Eigenschaften.
  • Etwas kann neuwertig bleiben, jedoch aus der Mode kommen, und verliert sein Ansehen.
  • Etwas wird nicht mehr nachgefragt, und verliert seinen Wert.
  • Etwas passt nicht mehr zu den sich wandelnden Anforderungen eines System: der Drucker ersetzt die Schreibmaschine, 2G wird von 3G, 4G und 5G ersetzt, das Analog-Telefon passt nicht zum digitalen Datennetz.

Nach einer anderen Einteilung spricht man von werkstofflicher, funktionaler, psychologischer oder ökonomischer Obsoleszenz.

Gäbe es keine Obsoleszenz, bräuchte es auch keine neuen *Anschaffungen. Wenn aber (beispielsweise) jeder einen Besen hat, kann man keine Besen mehr verkaufen. Dann muss sich der Besen-Hersteller etwas einfallen lassen:

  • Besen werden zum Statussymbol, dann man Besen auch wegen neuer Farben und Formen verkaufen (Hype-Cycle);
  • Besen werden *multifunktional, etwa indem sie auch zum Fensterwischen taugen;
  • Besen werden als *Murks produziert, gehen kaputt und lassen sich nicht reparieren, *Ersatzteile fehlen;
  • Besen werden langsam schlechter und neue Besen fegen besser, also wächst der Wunsch nach Austausch.
  • Noch besser ist es, wenn man ein neues Produkt erfindet, das den Besen ersetzt, etwa einen Staubsauger. Der Markt brummt, bis jeder einen Staubsauger besitzt.
  • Dann wird es wieder Zeit für was Neues: den Saugroboter. Tatsächlich hat man Ende Besen plus Staubsauger plus Roboter im Schrank. Und benötigt regelmäßig Staubsaugerbeutel, Ersatzakkus und Updates.

Die natürliche *Lebensdauer eines Produkts wird durch Obsoleszenz verkürzt. So werden Smartphones, die durchschnittlich 489 Euro kosten (2018, Tendenz steigend), durchschnittlich knapp 2,5 Jahre lang genutzt und ausgetauscht, weil neue Produktgenerationen angeblich immer mehr können und immer besser sind. Ein Produkt mit neuen Eigenschaften lässt sich entwickeln (Innovation), muss sich jedoch im Markt durchsetzen (Invention). Das gelingt, wenn die Konsumenten glauben es besitzen müssen.

Die Wegwerfmentalität des Konsumenten korrespondiert mit der »geplanten Obsoleszenz« des Herstellers. Der Bedürfnisbefriedigung des Konsumenten steht mit der Gewinnmaximierungsabsicht des Produzenten in ständiger Wechselwirkung, angetrieben durch die Obsoleszenz. Die Obsoleszenz bildet den Motor jeder Volkswirtschaft. Sie zu steigern, ist ökonomisch für den Markt sinnvoll.

Ökologisch sinnvoll wäre das Gegenteil. *Frugale Innovationen versuchen die Obsoleszenz zu minimieren, *Life-Hacks bilden alltäglichen Kampf dagegen ab und das *einfache Leben versucht es mit Genügsamkeit.


Geplante Obsoleszenz
Hinter den Kulissen der Produktentwicklung
Forschung aus der Hans-Böckler-Stiftung, Band 194. Transcript Verlag, Bielefeld 2019

wiki/obsoleszenz.txt · Zuletzt geändert: 2020/09/16 15:18 von norbert

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