»Wenn das Reisen für jeden denkbaren Menschen nützlich ist, so ist es das umso mehr für einen Souverän, der, alle Vergnügungen zurückweisend, sich nur auf die Nützlichkeit des Tuns konzentriert.« Kaiser Joseph II. 1767 über seine zahlreichen anonymen Reisen
Etwas flapsig kann man den Antrieb zum Reisen auf drei Ursachen zurückführen:
man lernt sich selbst kennen man lernt andere Völker und Länder kennen man lernt in der Ferne die Heimat schätzen
Alles, was einen Menschen dazu bewegt zu reisen - das was ihn antreibt ebenso wie das was ihn anzieht und das, was ihn forttreibt ins Unterwegs-sein. Dabei sind zu unterscheiden:
Bei Menschen, für die sich das Reisen als ein roter Faden durch ihre Biographie zieht, überwiegen die intrinsischen Faktoren. Ihre »latente Handlungsdisposition« ist extrem ausgeprägt, es bedarf nur geringer äußerer Motivation. Diese psychisch bedingten Faktoren lassen sich idealtypisch trennen in
Wer vom »Reisevirus« befallen ist, wird stärker von emotionalen als von kognitiven Faktoren motiviert. Die Metapher des Reisevirus wird von vielen Reisenden benutzt, weil sie die Erfahrung machen, dass sie eine Minderheit in der Gesellschaft bilden. Wer infiziert ist, wird gemieden. Zugehörigkeit wird zwischen den Reisen in Vereinen, bei Treffen oder in Freundschaftskreisen gesucht.
Je stärker die Erfahrung dieses Reisens ist, desto geringer wird der Einfluss der kognitiven Faktoren.
Umgekehrt ist zu beobachten, dass die starke Übergewichtung kognitiver Faktoren dazu führt, dass eben nicht gereist wird bzw. dass die Reiseerfahrung dadurch behindert wird.
Die Reise durchläuft bis zum Aufbruch mehrere Stadien und auch der Reisende durchläuft von Reise zu Reise diese Stadien verändert:
Die Disposition zum Reisen ist eine Voraussetzung für den Reisenden. Sie erklärt aber nicht, warum Reisen so wichtig werden kann, dass es den Lebensstil und die soziale Rolle prägt. Dazu muss das Erleben der Reise mit einbezogen werden.
Schilken, Dörthe Die teleologische Reise Von der christlichen Pilgerallegorie zu den Gegenwelten der Fantasyliteratur. Epistemata. Reihe Literaturwissenschaft 413. Würzburg 2002: Königshausen & Neumann
Die Suche in Form einer Lebensreise verbindet christliche Pilger und moderne (phantastische) Literatur. Die Autorin untersucht vier frühneuzeitliche Pilgerallegorien auf ihre Muster:
John Bunyan
: The Pilgrim's ProgressJan Arnos Comenius
: Das Labyrinth der WeltDie Motivstruktur wird verglichen mit:
Novalis
: Heinrich von Ofterdingen (1802)William Morris
: The Well at the World's End (1896) George MacDonald
: Lilith (1895)Karl May
: Ardistan und Dschinnistan (1907-09)Ernst Jünger
: Auf den Marmorklippen (1939)Die stark gegliederte Motivstruktur enthält dabei neben den spirituellen Aspekten insbesondere reisetypische Charakteristika, denen jeweils Abschnitte gewidmet werden wie:
Christoph Becker, Hans Hopfinger, Albrecht Steinecke
Roland Rottenfußer