Inhaltsverzeichnis

Liste der phantastischen Orte

I haven’t been everywhere
but it’s on my list.
Susan Sontag (1933–2004)

Beispielhafte Figuren und unerreichbare Orte

Weiße Flecken, Insel, Höhle und Wald regen nicht nur imaginäre Reisen an und führen oft zu phantastischen Orten wie etwa Lost Worlds, Hidden Civilizations, verschwundene Länder).

Die Helden solcher Reisen sind häufig Weise Narren oder andere beispielhafte Figuren. Solche Heldenreisen und Landschaften werden meist in Utopien oder Dystopien beschrieben oder in Märchen und Sagen überliefert, zeigen sich dann besonders erfolgreich.

Sie beschreiben »Nirgendorte« und mythische Landschaften als Paradiese, locus amoenus oder Wildnis. Unerreichbarkeit ist Voraussetzung, daher liegen diese Orte hinterm Horizont, jenseits des Meeres, auf einsamen Inseln, mindestens jedoch im unbekannten Hinterland und sind oftmals enthalten in Geflügelten Worten.

Manche wiederkehrenden Erzählmuster werden zum Genre, das nach dem bekanntesten Protagonisten benannt wird: Robinsonaden erzählen von der Einsamkeit auf einer Insel, die Geschichten des Lügenbarons sind dreist, der Fliegende Holländer ist unstet und heimatlos unterwegs auf dem Ozean und wer sich auf einer Odyssee befindet, darf mehr Abenteuer erwarten, doch sicher keine baldige Rückkehr.

Phantastische Orte bedürfen zudem eines bestimmten Umfeldes: Weiße Flecken, terra incognita, terra nullius oder Niemandsland, Wilder Westen oder Wildes Feld. Solche Metaphern rufen (Reise-)Bilder im Kopf auf, die bei den einen den Möglichkeitssinn kitzeln, die anderen zum pseudomobilen balconing mit Coffeetablebooks locken.

Wünschbar zum Bereisen dieser Orte sind Siebenmeilenstiefel oder ein Fliegender Teppich, in jedem Fall aber der Schutz durch Reisegötter, nachdem man seine Siebensachen gepackt, den Wanderstab gegriffen und das Wörterbuch der unübersetzbaren Reisebegriffe im Bündel verschnürt hat.

Zeitleiste

A bis Z

A wie Abraxa

B wie Brobdingnag

C wie Capitanien

D wie Delphi

E wie Erewhon

F wie Felsenburg

G wie Glubdrubdrib

H wie Houhnhnms

I wie Insulae Fortunata

J wie Jenseits

K wie Krähwinkel

L wie Liliput

M wie Mittelerde

N wie Narragonien

O wie Orplid

P wie Papierstraße

R wie Robinsons Insel

Sch wie Schilda

S wie Sonnenstaat

T wie Tohu und Bohu

U wie Utopia

W wie Wolkenkuckucksheim

X wie Xanadu

Y wie Ys

Z wie Zipfelstadt

Literatur

Phantastische Inseln

Vergebliche Suchen

Lexika & Atlanten phantastischer Orte

Kartographie phantastischer Orte

Ein anerkanntes Verfahren, Nichtorte zu strukturieren, ist die Kartographie. Karten lassen sich als Modell lesen, transportieren jedoch auch Glaubenssysteme.

Dieser Atlas erhielt in den beiden letzten Jahren zu Recht viel Aufmerksamkeit als nette und phantasievolle Kuriosität. Er ist unterhaltsam und ein hübsches Geschenk, mit dem man sich immer mal wieder ein paar Minuten beschäftigen kann. Ich war schon sehr verblüfft, als ich in meiner Bibliothek auf einen Vorläufer der »Erlebniswelten« stieß, der 1777 (!) erschien. Dieser Vorläufer sollte die öffentliche Aufmerksamkeit auf den Fortschritt der damaligen Drucktechnik lenken.

István Ráth-Végh beschreibt diesen Vorläufer in Die Komödie des Buches (Budapest 1967): »1777 gab der bekannte Leipziger Drucker Johann Gottlob Immanuel Breitkopf ein achseitiges Heft mit dem merkwürdigen Titel heraus: Das Reich der Liebe. Zweyter Landchartensatzversuch. Ich beginne die Erklärung beim Untertitel und gehe dann zum eigentlichen Titel über. Das Reich der Liebe ist eine Landkarte. Damals versuchte man in ganz Europa, Karten mit einer neuen Methode – mittels Handsatz – herzustellen. Auch Breitkopf stürzte sich auf das Problem, das seine Druckerphantasie erregen mußte. Als erster Versuch entstand eine Karte von der Gegend um Leipzig.

Der zweite Versuch mit derselben Technik war Das Reich der Liebe. Er entstand aus Anlaß einer Hochzeit, noch dazu innerhalb von drei Tagen. Offensichtlich war es Breitkopf darum zu tun gewesen, mit einem drucktechnischen Meisterstück zu brillieren – er wollte zeigen, was die Buchdruckerkunst leisten kann – dafür kam ihm die Hochzeit sehr gelegen. Wir wissen nicht, ob das Thema seiner eigenen Phantasie entsprang oder ob die Karte auf Bestellung ausgeführt wurde – das ist aber auch nicht wichtig.

»… Der Reisende nimmt seinen Weg vom Land der Jugend aus. (Es genügt, die wichtigsten Stationen anzuführen.) Hier entfaltet die Stadt der Freuden ihre Pracht, beschützt durch die Burg der Sorglosigkeit; hier entspringt der Fluß der Wünsche, doch erhebt sich hier auch der Fels der Mahnungen. Nordwärts vom Land der Jugend liegt das Land der fixen Ideen. Seine Sehenswürdigkeiten sind die Stadt der Träume, der Wunschhain und die Burg der Unruhe. Begeben wir uns nach dem Westen, gelangen wir ins Land der Trauernden Liebe, eine düstere Gegend. Dort schimmern von fern die Bergketten der Hoffnungslosigkeit, dort klafft die Höhle der Seufzer, und das ist der Ort, wo der Fluß der Tränen entspringt, der schließlich in das Meer der Verzweiflung mündet. Auch das Land der Lüste ist ein gefährliches Gebiet. Hier lauern dem Pilger Krankheit und Tod auf, so daß es wünschenswert erscheint, daß er sich, noch ehe es zu spät ist, besinnt und über die Brücke der Hoffnung in das Land der glücklichen Liebe hinüberspaziert. Dort findet er dann alles, was seinen Appetit anregt, und noch manches andere. Die Städte dieses Landes heißen Gute Aussicht, Erhörung, Wahre Liebe, Zärtlichkeit usw. Auch hier gibt es Berge wie den Berg der Einwilligung; etwas südwestlich von ihm grünt der Lusthain; die ganze Gegend wird vom Fluß der Wonne durchströmt, und als Folge all dessen lächelt an der nördlichen Grenze dem Wallfahrer der Liebe die Stadt des Kindersegens zu. Bleibt noch das Land der Hagestolze. Dort gibt es Städte, deren Namen auf die Unannehmlichkeiten des einsamen Lebens hinweisen – schließlich kann der Reisende im Land der Ruhe rasten. Deren Hauptstadt ist der Großvaterstuhl, aber noch besser ruht es sich in der Schlafmützenstadt. Der Leser verzeihe die humorlosen Allegorien, und denke daran, daß die alberne Landkarte ein ernst zu nehmender Beweis für die Nützlichkeit einer neuen Erfindung war.«

Verweise

Diese Liste kann synoptisch verglichen werden mit den Zeitleisten:

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1)
oder Hügel: »KUR-ú KUR ni-sir« in Gilgamesch XI,141a
2)
Geographike Hyphegesis IV, 7
3)
Etymologisch könnten beide Namen bedeutungsgleich sein über idg. *sker-4 `schneiden´ im übertragenen Sinne verwendet für Klippen analog nhd. Schäre ags. score `(felsiges) Gestade, Küste´, norw. skarv `Klippe' und durch Verlust des ersten Buchstabes *ka(e)r siehe Cairn und Karkur in Steinmann; *sker-4 und *kar-3 in Pokorny
Hubschmid, Johannes
Die Stämme *kar(r )- und *kurr- im Iberoromanischen, Baskischen und Inselkeltischen.
Romance Philology 13.1 (1959) 31–49. Online.
Nikolaev, Alexander
Time to Gather Stones Together: Greek and Its Indo-European Background.
Proceedings of the 21st Annual UCLA Indo-European Conference. Bremen: Hempen. Vol. 189. 2010, S. 189-206.
4)
„Tripstrill“, Deutsches Sprichwörter-Lexicon von Karl Friedrich Wilhelm Wander, online im Wörterbuchnetz des Trier Center for Digital Humanities, Version 01/21
5)
380 x 475 mm, Plantin-Moretus Museum, Antwerpen:
»AD SPECTATOREM.|En tibi delicias mundj:| regna ecce beata!|Queis melius, queis nil pulchrius orbis habet.|haec illa Vtopia est; arx pacis;nidus Amoris,|Justitiae, ac summi portus et ora bonj.|Lauda alias terras: istanc cole qui sapis. Isto|Vel nullo fixa est Vita beata loco.|I.M.W. à W.f.|Lustrauit Raphael: Descripsit Morus: Abrahamus
6)
Purchas, Samuel. 1625. Purchas his pilgrimes: In fiue bookes. The first, contayning the voyages and peregrinations made by ancient kings, patriarkes, apostles, philosophers, and others, to and thorow the remoter parts of the knowne world: enquiries also of languages and religions, especially of the moderne diuersified professions of Christianitie. The second, a description of all the circum-nauigations of the globe. The third, nauigations and voyages of English-men, alongst the coasts of Africa … The fourth, English voyages beyond the East Indies, to the ilands of Iapan, China, Cauchinchina, the Philippinæ with others … The fifth, nauigations, voyages, traffiques, discoueries, of the English nation in the easterne parts of the world … The first part. London: Printed by William Stansby for Henrie Fetherstone, and are to be sold at his shop in Pauls Church-yard at the signe of the Rose.